Vom Fieberthermometer bis zur Herzklappe, vom Pflaster bis hin zu künstlichen Gelenken, Medizinprodukte sind aus dem täglichen Leben und der medizinischen Versorgung nicht wegzudenken. Kaum eine Diagnose oder ein ärztlicher Eingriff ist ohne Verwendung von Medizinprodukten denkbar. Sie sind somit eine tragende Säule der Gesundheitsversorgung, aber auch ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor, wie eine aktuelle Studie des Industriewissenschaftlichen Instituts (IWI) zeigt.
Seit dem Verbinden von Verletzungen mit Pflanzenblättern und dem Ausbrennen der Wunde mit einem Glüheisen ist eine lange Zeit vergangen. Herzklappen, Prothesen sowie Produkte der modernen Wundversorgung sind nur einige wenige Beispiele, die in der medizinischen Versorgung von heute ein fester Bestandteil sind. Medizinprodukte-Unternehmen leisten somit einen wesentlichen Beitrag zur Gesundheitsversorgung. Gleichzeitig sind sie ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Österreich, wie die Ergebnisse einer aktuellen Studie des IWI, die von der AUSTROMED (Vereinigung der Medizinprodukte – Unternehmen, Österreich) in Auftrag gegeben wurde, belegen. Sie schaffen Innovationen, generieren Wertschöpfung und Produktion, sichern Arbeitsplätze und bieten eine hochwertige Aus- und Weiterbildung für ihre Mitarbeiter, um die Anwender- und folglich die Patientensicherheit zu gewährleisten.
Sprecher:
BM Dr. Andrea Kdolsky, Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend
Dr. Helmut Leuprecht, Präsident der AUSTROMED
Univ.-Prof. Dr. Rainer Kotz, Univ. Klinik für Orthopädie, AKH Wien
Dr. Herwig Schneider, Geschäftsführer des Industriewissenschaftlichen Instituts (IWI)
Nikolaus Koller, MAS, Präsident der BUKO (Bundeskonferenz der Krankenhausmanager Österreichs)
Wann: Donnerstag, 7. Februar 2008 um 10:00 Uhr
Ort: Presseclub Concordia, Bankgasse 8, 1010 Wien
Anfahrt: U3 bis Herrengasse, Straßenbahnlinie 1,2,D bis Burgtheater
Die wirtschaftliche Bedeutung von Medizinprodukte-Unternehmen in Österreich(IWI-Studie)
Medizinprodukte-Unternehmen sind ein Grundpfeiler moderner Medizin und wesentlicher Antrieb des medizinischen Fortschritts. Die auf dem Medizinproduktemarkt agierenden Unternehmen stellen eine heterogene Gruppe dar und umfassen kleine Handelsbetriebe und Nischenanbieter in gleicher Weise wie weltweit agierende Unternehmen bzw. Konzerne. Die Palette der Medizinprodukte ist außerordentlich vielfältig. Sie umfasst in etwa 10.000 Produktfamilien mit über 400.000 unterschiedlichen Artikel.
Neben der Bedeutung für die Gesundheit der Bevölkerung sind österreichische Medizinprodukte-Unternehmen ein beachtlicher Wirtschafts- und Arbeitsmarktfaktor. Durch Vorleistungsnachfrage und Konsumeffekte üben sie Einfluss auf andere Wirtschaftsbereiche aus und generieren volkswirtschaftliche Effekte. Gesamtwirtschaftlich hängen ein Produktionswert von insgesamt 3.405 Mio. EUR, eine Wertschöpfung von 1.633 Mio. EUR und 16.943 bis 18.727 Arbeitsplätze direkt und indirekt (inkl. Konsumeffekte) von den Unternehmen der vom IWI untersuchten Medizinprodukte-Unternehmen ab.
Die Märkte für Gesundheitsleistungen und entsprechend auch die für Erzeugnisse der Medizinprodukte-Unternehmen werden stark durch die öffentliche Hand beeinflusst und sind seit einigen Jahren einem erheblichen Strukturwandel ausgesetzt. Die politische Gestaltung der Rahmenbedingungen (Vergabepraxis bei öffentlichen Aufträgen, Gesetzgebung für das Gesundheitswesen, Refundierungssystem der Krankenkassen etc.) und die aus den komplexen Beziehungen der Beteiligten im Gesundheitswesen resultierenden Prozesse und staatlichen Eingriffe werden auch in Zukunft einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Medizinprodukte-Unternehmen in Österreich haben.
Mit dem steigenden Bedarf an Gesundheitsleistungen rückt die Frage nach der Finanzierung des Gesundheitssystems ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Die Finanzsituation führt zu einem anhaltenden Druck auf die Einrichtungen des Gesundheitswesens und in weiterer Folge auf Hersteller und/oder Vertreiber von Medizinprodukten. Die Veränderungen im Beschaffungsmarkt (Zentralisierungen, Harmonisierungen etc.) ergeben bereits heute erhöhten Handlungsbedarf bei den Anbietern von Medizinprodukten. In Zukunft ist damit zu rechnen, dass den Unternehmen auf Kundenseite verstärkt gut organisierte Einkaufsgruppen gegenüberstehen, die eine starke Käufermacht und einen anhaltend hohen Preisdruck ausüben, sowie neue bzw. veränderte Marketing- und Vertriebsstrukturen erfordern.
Die Zusammenarbeit mit den heimischen Medizinprodukte-Unternehmen wird (auf Seiten der im Rahmen der IWI-Untersuchung ebenfalls befragten Akteure) in den Krankenhäusern grosso modo sehr positiv beurteilt. Besonders die Bedeutung von Vertrauen und Kontinuität in der Zusammenarbeit sowie der Qualifikation der Unternehmensmitarbeiter werden hervorge¬hoben. Signifikante Bedeutung haben nicht separat verrechnete Service-, Be¬ratungs- und Schulungsdienstleistungen. Bei gewissen Produkten/Produktgruppen können diese sehr stark ins Gewicht fallen und bis zu 30% der Kosten be¬tragen. Auch die Zahl an Personaltagen, die von Mitarbeitern im Rahmen von Service-, Be¬ratungs- und Schulungsleistungen durchschnittlich beim Kunden verbracht werden, bildet auf der Kundenseite einen Mehrwert. Die Gespräche in den Krankenanstalten bestätigen, dass diese Leistungen einen bedeutenden Faktor der Kundenbindung darstellen, die Anerkennung dieses Mehrwerts könne sich (angepasst an die jeweilige Produktgruppe) allerdings nur in einem betriebswirtschaftlich kalkulierten Rahmen abspielen.
Sowohl die Medizinprodukte-Unternehmen (mehr als 95% der Respondenten) als auch die Vertreter der Krankenhäuser sehen in einer intensiven Zusammenarbeit eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung neuer Produkte, Systeme und Verfahren. Durch die Zu¬nah¬me an kooperativen Beschaffungsformen wird die, zur Entwicklung und Aufrechterhaltung von Service- und Beratungsleistungen für die optimale Produktanwendung notwendige enge Zusammenarbeit zwischen Anbietern und Anwendern schwieriger werden. Die Kontakte zur Kundenseite werden künftig stärkere Züge einer reinen Business-to-Business-Beziehung zum Beschaffungsmanagement tragen.
Obwohl Medizinprodukte in fast allen diagnostischen, therapeutischen und rehabilitativen Leis¬tungen involviert sind, werden sie bzw. die Unternehmen der Medizin¬pro¬duk¬te¬bran¬che mehr in Fachkreisen wahrgenommen, in der breiten Öffent¬lich¬keit hingegen weniger.
Für Medizinprodukte-Unternehmen in Österreich lassen sich zusammenfassend 10 Punkte als Ausgangslage zentraler Herausforderungen formulieren: – Wachsender, aber sich verändernder weltweiter Gesundheitsmarkt
– Anhaltende Bedeutung von Medizinprodukten/der Medizinproduktebranche (für die Gesundheitsversorgung sowie als Wirtschafts- und Arbeitsmarktfaktor)
– Rahmenbedingungen/Reformen im Gesundheitswesen als entscheidende Einflussfaktoren (Finanzierungsfragen etc.)
– Konsolidierung der Beschaffungslandschaft (Zentralisierung des Einkaufs, Harmonisierungen etc.)
– Zunehmende Bedeutung des Preises als Einkaufskriterium
– Starker Einfluss auf die das Produkt ergänzenden Dienstleistungen (Mehrwert durch Service, Beratung, Schulung, Kulanzen etc.)
– „Veränderte Kontaktsituation“ mit der Kundenseite (mit Einfluss auf Marketing, Vertrieb und Innovation – gemeinsame Entwicklung neuer Produkte/Anwendungen)
– Zunehmende Bedeutung der Kommunikationsarbeit (Politik, Öffentlichkeit/Patient)
– Verstärkter Einsatz gesundheitsökonomischer Evaluation (HTA)
– Verschärfter Wettbewerb durch sich weiter intensivierenden Welthandel
Für die Anbieterseite wird es erfolgskritisch sein, Chancen auf dem sich verändernden Gesundheitsmarkt zu realisieren und sich an die geänderten (Rahmen-) Bedingungen anzupassen. Des Veränderungsbedarfs eingedenk gilt es, auf vorhandene Stärken zu setzen und diese zu kommunizieren. Von Seiten der Gesundheitspolitik muss darauf geachtet werden, dass die Rahmenbedingungen so gestaltet sind, dass die Unternehmen im Wohle der Volkswirtschaft ihre Leistungskraft bestmöglich entfalten können.
Rückfragen an:
Dr. Herwig W. Schneider
Industriewissenschaftliches Institut
1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 73
Email: schneider@iwi.ac.at