Die Chemische Industrie Österreichs – Eine detaillierte Branchenuntersuchung
Die Chemische Industrie zählt weltweit zu den bedeutendsten Industriezweigen und stellt auch in Österreich einen Schlüsselfaktor der heimischen Wirtschaft dar. Sie repräsentiert eine sehr heterogene Branche, deren Struktur auch hierzulande von wenigen großen Konzernen und einem starken Rückgrad aus zahlreichen kleinen und mittelgroßen Unternehmen geprägt ist. Ihre Produkte finden sich in nahezu allen Lebensbereichen und Gütern wieder. Diese stehen dem Konsumenten direkt zur Verfügung, beispielsweise als Pharmazeutika oder Wasch- und Körperpflegemittel, und werden, in Form von Vorprodukten, in zahlreichen anderen Industrien wie beispielsweise der Automobil-, Bau-, Textilindustrie weiterverarbeitet. So sind auch zahlreiche Innovationen in der Chemie wiederum zentrale Impulsgeber für Neuentwicklungen in anderen Branchen. Eine Besonderheit ist dabei, dass kleine und mittlere Unternehmen, die in vielen anderen Branchen vor allem Zulieferer sind, in der Chemischen Industrie Endprodukte herstellen und die Herstellung der Vorprodukte wiederum Domäne der Großunternehmen ist.
Die Chemische Industrie Österreichs hat in den letzten Jahren eine äußerst positive Bilanz vorgelegt und sich den Herausforderungen einer im Wandel begriffenen Weltwirtschaft erfolgreich gestellt. Durch den frühzeitigen Aufbau effizienter Produktions- und Kostenstrukturen in den Unternehmen sowie einer starken Fokussierung auf das Thema Forschung, Technologie und Innovation (FTI), konnte sie auch im Umfeld eines stärker werdenden Wettbewerbs die Chancen auf den globalisierten Märkten nützen. Rund zwei Drittel der Produktion der Chemischen Industrie gehen in den Export, zahlreiche Unternehmen halten Auslandsniederlassungen in der ganzen Welt oder üben als Tochterunternehmen multinationaler Konzerne Headquarter-Funktionen für Mittel- und Osteuropa aus.
Trotz dieser erfreulichen Entwicklung, wird sich der Konkurrenzdruck auf den Weltmärkten in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Niedrige Arbeitskosten und Rohstoffreichtum verschafften Ländern in Asien, im Nahen Osten und in Osteuropa einen erheblichen Vorsprung bei der Herstellung bestimmter Produkte. Speziell Basischemikalien (Commodities), die in großen Mengen und aufgrund niedriger Arbeitskosten zu geringen Kosten in diesen Ländern hergestellt werden können, verdrängen immer mehr die in Europa produzierten Güter am Weltmarkt. Darüber hinaus sind die Schwellenländer längst nicht mehr nur preiswert produzierende Industriestandorte, sondern gewinnen auch als Innovationszentren zunehmend an Bedeutung. Auch ihre heimischen Absatzmärkte wachsen erheblich schneller als die Märkte in Europa.
Eine langfristige und nachhaltige Wettbewerbschance für heimische Chemieunternehmen gibt es demnach nur durch fortlaufende Innovation, hohe (Produkt-)Qualität und Spezialisierung. Neben eigenen Anstrengungen der Chemischen Industrie und ihrer Unternehmen gehören aber auch entsprechende Rahmenbedingungen zu den Voraussetzungen für künftige Erfolge. So gilt es essentielle Standortfaktoren am Wirtschaftsstandort Österreich abzusichern bzw. wettbewerbsfähig auszugestalten. Bildung und Ausbildung sind Eckpfeiler der Innovationsfähigkeit, gut ausgebildetes und hoch qualifiziertes Personal Voraussetzung für Qualität und Spezialisierung. Auch das Thema Flexibilität, sowohl im Bereich der Arbeitszeit- als auch Entgeltmodelle, wird aus mittel- und langfristiger Perspektive entscheidend sein.
Neben den Themen FTI, Bildung und Qualifikation sowie Flexibilität gibt es noch eine Reihe weiterer Faktoren, die in den kommenden Jahren einen erheblichen Einfluss auf die Wachstumsperspektiven der Chemischen Industrie Österreichs haben werden. International wettbewerbsfähige Energiepreise sowie eine die Balance zur Wirtschaftlichkeit haltende Umwelt- und Klimapolitik sind dabei Schlüsselthemen.
Auch die Belastung durch Gesetze und Verordnungen ist hoch. Wie stark Entscheidungen in diesem Bereich die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Industrie beeinflussen können, ist seit einigen Jahren am Beispiel der europäischen Chemikalienpolitik (REACH) zu erleben. So ist auch das Thema Entbürokratisierung und Regulierungen für die Chemische Industrie ein zentrales, da durch übermäßige Belastungen wertvolle Ressourcen(z.B. qualifizierte Mitarbeiter, die in anderen Bereichen eingesetzt werden könnten) gebunden sind und Innovationspotentiale brachliegen.
IWI-Studie 145: „Die Chemische Industrie Österreichs – Eine detaillierte Branchenuntersuchung“
Das Ziel der vorliegenden Studie ist es, die Bedeutung der Chemischen Industrie sowie ihre Leistungskraft und ihren Einfluss auf den Wirtschaftsstandort Österreich zu untersuchen. Um ein möglichst differenziertes und umfassendes Bild des Untersuchungsgegenstandes zeichnen zu können, kommen im Rahmen eines systemorientierten Zugangs mit Bottom-up-Fokus sowohl quantitative als auch qualitative Forschungsinstrumente zum Einsatz. Dieser pragmatische Methodenmix gewährleistet eine hohe Aussagekraft und „Alltagstauglichkeit“ der Ergebnisse.