Finanz- und Konjunkturkrise trifft Automotiven Sektor 2009 voll

ARGE Automotive Zulieferindustrie: flexiblere Rahmenbedingungen für Unternehmen, verbesserte Finanzierungsbedingungen und staatliche Garantien gefordert.

Utl: Finanz- und Konjunkturkrise trifft Automotiven Sektor 2009 voll / 50% der Unter¬nehmen rechnen mit Kurzarbeit / Branche appelliert für rasche Umsetzung von nach¬haltigen Maßnahmen

Wien, 27. Jänner 2009. „Dass die heimischen Unternehmen der automotiven Zulieferindustrie in der Vergangenheit ihre Hausaufgaben bestens bewältigt haben, zeigt die Entwicklung der Branche, die zu den beeindruckenden wirtschaftlichen Erfolgsgeschichten in unserem Land zählt“, erklärte Dietmar Schäfer, Vorsitzender der ARGE Automotive Zulieferindustrie, anlässlich der heutigen Pressekonferenz. Laut einer aktuellen Studie wuchs der Sektor allein seit 2002 um durchschnittlich 12% pro Jahr und ist heute eine der Top-Industrien Österreichs. „Umso besorgter sehen wir die derzeitige kritische Branchenkonjunktur. Aufgrund einer Blitzumfrage wissen wir, dass der Automotive Sektor die realen Auswirkungen der Wirtschaftskrise 2009 voll spüren wird. 50% der Unternehmen planen jedenfalls in den nächsten Wochen und Monaten Kurzarbeit einzuführen, um die Belegschaft bzw. den Standort halten zu können“, skizziert Schäfer die Situation. In Anbetracht der Schlüsselposition, die die Automotive Zulieferindustrie für viele andere Wirtschaftsbereiche in Österreich hat, handelt es sich dabei um eine äußerst gefährliche Situation für den gesamten Industriestandort Österreich, die kaum eine Branche unberührt lassen wird. Die ARGE kämpft daher gemeinsam mit anderen Industrieinteressenvertretungen für die rasche und wettbewerbsneutrale Umsetzung von Unterstützungsmaßnahmen. Gefordert werden neben mehr Flexibilität auch die finanzielle Unterstützung der Unternehmen durch neue Regelungen bei Kurzarbeit und Arbeitszeit, die Verbesserung der Finanzierungsbedingungen durch Banken und Garantien durch die öffentliche Hand, eine Ausweitung der F&E-Förderungen sowie eine Neuregelegung der Kfz-Steuern mit deutlich mehr Lenkungscharakter. „Oberste Priorität haben für uns effiziente Maßnahmen, die die Situation nachhaltig verbessern. Denn es geht bereits um mehr als die Rettung des Automotiven Sektors, es geht um die Aufrechterhaltung des Industriestandortes Österreich“, bringt es der ARGE Vorsitzende abschließend auf den Punkt.

Arbeitsmarkt und Finanzierung haben oberste Priorität
Grundsätzlich positiv wird daher der vergangene Woche im Parlament eingebrachte Initiativantrag zur Verlängerung der Kurzarbeit von den ARGE Vertretern gesehen. Zwar muss noch das Detailergebnis der parlamentarischen Verhandlung abgewartet werden, aber die Maßnahme ist ein längst überfälliger Schritt in die richtige Richtung. Allerdings stellt die Maßnahme noch keine finanzielle Unterstützung der durch die Wirtschaftskrise gefährdeten Unternehmen dar. „Eine aliquote Übernahme der Lohnnebenkosten, wie es in Deutschland Teil des Konjunkturpakets ist, wäre eine logische und sinnvolle Entlastung der krisengeschüttelten Betriebe und damit ein Beitrag zum Erhalt von tausenden Arbeitsplätzen“, fordert daher Schäfer. Zusätzlich werden nach Meinung der ARGE auf alle Fälle auch Sonderregelungen im Bereich Arbeitszeit nötig sein. Eine gesetzliche Ausweitung der Arbeitszeitflexibilisierung ermöglicht den Unternehmen eine entsprechende Kapazitätsanpassung an die Auftragslage. „Auf alle Fälle muss bei all diesen Ansätzen in Anbetracht der KMU geprägten Unternehmensstruktur berücksichtigt werden, dass diese auch von kleinen Unternehmen bzw. beim Fehlen von Betriebsräten genutzt werden können“, so der ARGE Vorsitzende.

„Neben den Regelungen am Arbeitsmarkt hat die Verbesserung der Finanzierungsbedingungen durch die Banken absolut Vorrang. „Die Leitzinssenkung der EZB kommt noch nicht bei den Unternehmen an, sondern wird von den Banken in Form von höheren Margen konsumiert. Die Kreditzurückhaltung muss umgehend beendet werden, um den Unternehmen Überbrückungsliquiditäten zu ermöglichen. Solange das Bankenpaket daher noch nicht greift, sollte eine Investitionsunterstützung durch die öffentliche Hand zB in Form von staatlichen Haftungsübernahmen für Finanzierungsinstrumente der Unternehmen ins Auge gefasst werden“, erklärt Bruno Krainz, Bereichssprecher für Infrastruktur der Bundessparte Industrie. Er unterstützt in diesem Zusammenhang ausdrücklich das letzte Woche vom Obmann der Bundessparte Industrie, Wolfgang Welser, in Diskussion gebrachte Modell der staatlichen Garantieübernahmen das die Leistungsfähigkeit der einzelnen Unternehmen berücksichtigt und Wettbewerbsverzerrungen vermeidet. Forschungsförderung und NOVA als weitere Baustellen
Zusätzlich zu den erwähnten Punkten fordert die ARGE die Erhöhung der Forschungsdotierung. Gerade in Zeiten schwacher Konjunktur gilt es die Innovationskraft der Unternehmen zu unterstützen. Eine weitere Maßnahme bezieht sich auf eine CO2-orientierte Neugestaltung der NOVA, die durch eine Staffelung nicht nur den Neuwagenkauf stimulieren würde, sondern auch umweltpolitische Steuerungseffekte hätte. „In jedem Fall muss man bei einer Reform der Kfz-bezogenen Steuern berücksichtigen, dass Österreich einen EU-weiten Spitzenplatz bei der Steuerbelastung pro Fahrzeug einnimmt. In Anbetracht der offensichtlichen, volkswirtschaftlichen Relevanz der Automotiven Zulieferindustrie besteht hier unmittelbarer Bedarf zur Besinnung auf die Interessen des vom Automobil geprägten Wirtschaftsstandorts Österreich und damit zur Kurskorrektur“, fordert Krainz.

Auswirkungen der Finanzmarktkrise werden Zulieferer 2009 voll treffen
Eine brandaktuelle Befragung des Industriewissenschaftlichen Instituts (IWI) belegt, dass die Finanz- und Konjunkturkrise erst 2009 in der heimischen automotiven Zulieferindustrie in vollen Ausmaß durchschlagen wird: „Wir rechnen in den ersten beiden Quartalen dieses Jahres mit dramatischen Rückgängen. Neun von zehn Unternehmen sprechen von teils massiven negativen Auswirkungen auf ihre Aktivitäten, die von Auftrags- und Umsatzeinbrüchen (63% der Unternehmen mit mehr als 10% Minus) über Investitionsstopps bis hin zur Schließung von Produktionsstandorten reichen werden“, präsentierte IWI-Geschäftsführer Herwig Schneider die Ergebnisse. Knapp 40% der Betriebe gehen weiters davon aus, dass die negativen Effekte bis Ende 2010 zu spüren sind. Durch einen derart langen Abschwung muss laut IWI ein volkswirtschaftlicher Schaden von bis zu 1,76 Mrd. Euro an direkter und indirekter Wertschöpfung (18,6% der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfungseffekte der automotiven Zulieferindustrie Österreichs) bzw. ein gesamtwirtschaftlicher Verlust von bis zu 33.000 Beschäftigungsverhältnissen einkalkuliert werden.

Die Automotive Zulieferindustrie: Motor der österreichischen Volkswirtschaft
Die Studie Die Automotive Zulieferindustrie als Motor der österreichischen Volkswirtschaft, die das IWI im Auftrag der ARGE Automotive Zulieferindustrie verfasst hat, beschäftigt sich mit der Entwicklung der heimischen Autozulieferer im vergangenen Jahrzehnt. Von 1995 bis 2006 stieg der Produktionswert des Sektors mit 160% doppelt so rasch wie in der gesamten Sachgütererzeugung bzw. im Dienstleistungsbereich. Auch der Anstieg der Wertschöpfung im selben Zeitraum um 90% auf 4,01 Mrd. Euro unterstreicht die Dynamik der Zulieferer. Die Branche ist zudem Schlüsselindustrie für zahlreiche andere Wirtschaftsbereiche und bewirkt gesamtwirtschaftlich betrachtet in Österreich einen Produktionswert von bis zu 26,72 Mrd. Euro (5,64% des Produktionswertes Österreichs 2006). Darüber hinaus hängen bis zu 176.000 Arbeitsplätze (4,16% der österreichischen Beschäftigungsverhältnisse 2006) direkt und indirekt von den Unternehmen der automotiven Zulieferindustrie ab.

Über die ARGE Automotive
Die ARGE Automotive Zulieferindustrie ist die Interessenvertretung bzw. Dienstleistungs- und Serviceorganisation für die rund 800 in der WKO vertretenen Unternehmen aus dem automotiven Wertschöpfungsbereich und vereinigt somit alle wesentlichen Player dieses Sektors unter ihrem Dach. Trägerorganisationen sind die WKO, vertreten durch die Bundessparte Industrie, und die AWO/Außenwirtschaft Österreich sowie fünf Industrie-Fachverbände, die Kraftfahrzeugzulieferbetriebe zu ihren Mitgliedern zählen. Oberstes Ziel ist, eine verbesserte öffentliche Wahrnehmung der Autozulieferbetriebe zu schaffen, um die industriepolitischen Rahmenbedingungen zu optimieren. Durch die Integration in die WKÖ ist auch für eine optimale Koordination insbesondere mit dem Fachverband der Fahrzeugindustrie als Interessenvertretung der Herstellerseite bestens vorgesorgt.

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