Industrielle Technologien als klimapolitischer Hebel

Klimawandel und nachhaltige Energieversorgung werden in absehbarer Zukunft wesentliche Themen für die Wirtschaft, insbesondere auch für die Industrie, bleiben. Die Energie- und Klimapolitik auf europäischer Ebene, direkte und indirekte Kosten des Emissionshandelssystems und der zentrale Stellenwert der Energieeffizienz zur Erreichung energie- und klimapolitischer Ziele stehen im Mittelpunkt des ersten Teils des vorliegenden Industrieforums. Anhand vier konkreter Beispiele österreichischer Unternehmen wird anschließend dargestellt, wie innovative Wege zur Reduktion von Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen beschritten werden können.

Die im Jänner 2008 präsentierten energie- und klimapolitischen Ziele der Europäischen Kommission werden von Univ. Prof. DI Dr. Stefan P. Schleicher (Universität Graz) detailliert dargestellt. Obwohl der Klimawandel als zentrale Begründung für den Weg Europas in die „Post-carbon Society“ genannt werden, sieht er die Sicherheit der Energieversorgung in Europa und den Anstoß zu neuen Technologien als zentrale Motive hinter dem EU-Maßnahmenpaket.

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Mikulas Luptacik (WU Wien) analysiert gemeinsam mit Mag. Wolfgang Koller (IWI) die direkte und indirekte Kostenbelastung der Industrie als Folge der Änderungen des Emissionshandelssystems gemäß EU-Richtlinienvorschlag vom Jänner 2008. Dabei zeigt sich, dass die indirekten Kosten – durch Preissteigerungen der typischen CO2-intensiven Gütern – die direkten Kosten des Zertifikatehandels noch übertreffen.

Den Weg zur energetischen Minderbedarfsgesellschaft fordert Univ.-Prof. Dr. Günther Brauner (TU Wien): Ziel müsse sein, durch Energieeffizienz und Ersetzen fossiler Energien durch regenerative Energien zu einer fossilen 1.000-Watt-Gesellschaft zu werden, die zusätzlich rund 3.000 Watt aus erneuerbaren Energien bezieht. Konkrete Schritte zu erhöhter Energieeffizienz schaffen einen zeitlichen Spielraum um die bereits vorhandenen Technologien industriell umzusetzen.

Am Beispiel des Kompressorenmarktes zeigt DI Walter Brabek, Leiter der Entwicklungsabteilung für Kältekompressoren im ACC Konzern, die weitreichenden Potenziale aus Effizienzsteigerungen: Ausgehend vom gesamten weltweiten Verbrauch an elektrischer Energie sollte allein durch neue Kältekompressoren eine Einsparung im Ausmaß von 5% der elektrischen Energie möglich sein.

Eine saubere und intakte Umwelt ist für eine Brauerei aufgrund ihres Rohstoffbedarfs besonders wichtig. Dr. Heinrich Dieter Kiener, geschäftsführender Gesellschafter der Stieglbrauerei zu Salzburg, verweist auf die langjährigen Bemühungen seines Unternehmens um schonenden Umgang mit Ressourcen und zeigt anhand konkreter Zahlen, dass trotz steigender Produktion eine deutliche Verminderung des Energie-, Rohstoff- und Wasserverbrauchs des Unternehmens gelingen kann.

Dr. Andreas Meier, Vorstandsvorsitzender der RHI AG, beziffert den Anteil der Energiekosten an den gesamten Herstellungskosten mit 10 bis 30 %; daher sei es aus ökologischen und ökonomischen Gründen essentiell für das Unternehmen sich mit dem Thema Energieeffizienz zu befassen. Durch entsprechende Effizienzprogramme ist es RHI gelungen zum Benchmarkführer in der Feuerfestbranche zu werden, das Unternehmen benötigt heute um 40% weniger Energie und verursacht um 35% weniger CO2 als Mitbewerber.

Mit einem Startkapital von 100 Millionen Euro sucht der 2006 gegründete OMV Future Energy Fund nach neuen Technologien, um die Nachfrage nach sauberen und sicheren Energien befriedigen zu können. Dessen Geschäftsführerin, Mag. Dorothea Sulzbacher, verdeutlicht anhand konkreter Investitionen wie die OMV dadurch den Übergang von einem reinen Erdöl- und Erdgaskonzern zu einem Energiekonzern einleitet, der Erneuerbare Energien in seinem Portfolio hat.

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