Internationale Leitbetriebe in Oberösterreich

Leitbetriebe sind der maßgebliche Faktor im Industriebundesland Oberösterreich

Die Wirtschaft von heute ist unteilbar. Sie ist hochgradig vernetzt und lebt von der Dynamik zwischen den unterschiedlichsten Unternehmen und Unternehmensformen. Das klassische „Entweder-Oder-Prinzip“ gilt für zeitgemäße Wirtschaftspolitik demnach schon lange nicht mehr, wie IV OÖ-Präsident Dipl.-Ing. Klaus Pöttinger erklärt: „Klein braucht Groß und Groß braucht Klein. Mit einem Ruderboot kann man schwer die Weltmeere befahren, umgekehrt brauchen große Schiffe kleine, wendige Boote, um an Land gehen zu können. Dieses Prinzip gilt insbesondere für den Industriestandort Oberösterreich.“

In Zukunft müsse man sich mehr denn je fragen, wo die Unternehmen sind, die aufgrund ihrer starken Vernetzung mit anderen Unternehmen die höchsten Multiplikatoreffekte in der Volkswirtschaft auslösen. Dabei kristallisiere sich immer mehr heraus, dass die internationalen Leitbetriebe (Leading Competence Units; LCU) mehr und mehr zu Knotenpunkten der Innovationsdynamik und zum maßgeblichen Motor unseres Wirtschaftsraumes werden. „Es sind die Leitbetriebe, die mit den kleineren und mittleren Unternehmen in ihrem Sog den wirtschaftlichen Erfolg Oberösterreichs ermöglichen“, so Pöttinger: „Wenn wir uns heute über Vollbeschäftigung in Oberösterreich freuen können, dann liegt das an den Erfolgen in Osteuropa und im Rest der Welt, die durch unsere Leitbetriebe eingefahren werden konnten.“

Letzteres gilt in besonderem Maße für das Industrieland Oberösterreich, das unter allen Bundesländern die mit Abstand höchste Konzentration an Leitbetrieben aufweist. Dies bestätigt eine Studie des Industriewissenschaftlichen Instituts (IWI), die von der Industriellenvereinigung in Auftrag gegeben wurde. Ihr zufolge kooperieren 28 oberösterreichische Leitbetriebe mit mehr als 19.500 österreichischen Unternehmen. 87 Prozent der Zulieferer sind kleine und mittlere Unternehmen des produzierenden Bereichs sowie des Dienstleistungssektors. Diese 28 an der Studie beteiligten Leitbetriebe beschäftigen insgesamt 47.600 Mitarbeiter und sorgen direkt und indirekt für insgesamt 140.000 Beschäftigte, davon wiederum etwa in die Hälfte in Oberösterreich. Insgesamt investieren sie 71 Mio. Euro in die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter und geben 412 Mio. Euro für Forschung & Entwicklung aus. Sie erbringen damit mehr als die Hälfte der gesamten oberösterreichischen F&E-Ausgaben.

Laut IWI-Schätzung beherbergt Österreich insgesamt 180 bis 200 internationale Leitbetriebe. Etwa 50 davon haben ihren Sitz am Standort Oberösterreich. „Alleine dieser Umstand legt nahe, dass es für unser Bundesland und die hier lebenden Menschen von allergrößter Wichtigkeit ist, den Fokus auf diese Unternehmen zu legen und die Headquarter-Politik noch weiter zu verstärken“, erklärt der IV OÖ-Präsident.

Kern-Asset Europa

Betrachtet man die Ergebnisse der IWI-Studie, die Bedeutung der Leitbetriebe und deren Hauptabsatzmärkte näher, wird sehr schnell klar, dass das vereinte Europa das Kern-Asset für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich darstellt, von dem jeder einzelne Bürger profitiert. „Europa und die EU bedeuten mehr Arbeitsplätze, mehr Wohlstand und damit mehr Geld in der Geldbörse für alle Oberösterreicher. Das vereinte Europa ist viel zu wichtig, um es dem Populismus zu opfern“, so Pöttinger. Der plötzliche Wechselkurs der SPÖ-Spitze in deren EU-Politik seien stark kontraproduktiv, um das Europabewusstsein unter den Österreichern zu stärken. „Die IV OÖ nützt daher jede Chance, um das Europathema positiv in die Herzen der Menschen zu bringen – zuletzt mit der Beteiligung an der LIVA-Aktion ‚Ein Haus voll Musik’, die heuer unter dem Motto ‚Europa feiert’ stand und durch die mehr als 8.000 Kinder eine musikalische Reise durch Europa erlebten“, erklärt Pöttinger.

Maßgeblich sei es jedoch, dass allen voran die Politiker die Bedeutung eines vereinten Europas für die Leitbetriebe erkennen. „Die Leitbetriebe waren die Ersten in Osteuropa. Österreich ist dadurch Nummer-1-Investor in Bosnien-Herzegowina, Slowenien, Bulgarien und Kroatien, Nummer zwei in Rumänien und Nummer drei in der Slowakei, Ungarn, Tschechien und der Ukraine geworden. Österreichs Exporte bleiben zu 84 Prozent in Europa, schon 22 Prozent gehen nach Osteuropa mit weiter stark steigender Tendenz“, fordert der IV OÖ-Präsident eine deutliche Verstärkung der Headquarter-Politik am Standort Oberösterreich.

Auch unpopuläre Entscheidungen treffen

Eine sinnvolle und vorausschauende Wirtschaftspolitik zu beitreiben, bedeute laut Pöttinger, die Bedürfnisse der Leitbetriebe bei allen Entscheidungen im Hinterkopf zu behalten: „Oberösterreich hat sich seit dem EU-Beitritt vor 13 Jahren zu einer industriellen Drehscheibe für die osteuropäischen Märkte entwickelt. Gerade Tschechien, die Slowakei und Ungarn bauen ihre Attraktivität als Standort zunehmend aus. Wenn wir unsere Drehscheiben-Funktion erhalten wollen, müssen wir uns weiterentwickeln und danach trachten, dass die bei uns angesiedelten Leitbetriebe bestehen bleiben und weitere anziehen“, so Pöttinger. Es sei keine Selbstverständlichkeit, dass internationale Konzerne wie BMW, MAN oder Rotax in ihre oberösterreichischen Standorte investieren. Die vor einigen Jahren durchgeführten Verbesserungen bei der Unternehmensbesteuerung und insbesondere der Gruppenbesteuerung seien hierfür eine wertvolle Hilfe gewesen. „Diese Entscheidungen waren teilweise unpopulär – sie waren aber ein klassischer Fall von kluger Headquarter-Politik und haben unserer Wirtschaft über den Multiplikatoreffekt enorm geholfen. Ohne diese Maßnahmen würde Oberösterreich heute bedeutend schlechter dastehen!“ Ähnliches gilt für die von der Industrie im Zuge der nächsten Steuerreform geforderte Senkung des Spitzensteuersatzes und eine Entlastung der Leistungsträger, die nach heutigen Maßstäben die Attraktivität des Standortes für internationale Leitbetriebe weiter anheben würden.

Standortattraktivität für Leitbetriebe

Neben der Lage im Zentrum Europas ist der Hauptgrund, warum Leitbetriebe am Standort Oberösterreich investieren, die Verfügbarkeit der ‚besten Hände und Köpfe’. „Ein ausgezeichnetes Bildungssystem, eine international konkurrenzfähige Forschungsinfrastruktur sowie ein attraktives System der direkten und indirekten Forschungsförderung sind die Kernelemente einer erfolgreichen Headquarter-Politik. Mit den aus der Teilprivatisierung der Energie AG erlösten Mitteln kann ein starker Impuls in diese Richtung in Angriff genommen werden“, so der IV-Präsident. Insgesamt geht es darum, die Attraktivität des Wirtschaftsraumes Oberösterreich weiter zu heben. Ihr diesbezügliches Positionspapier mit zahlreichen konkreten Handlungsfeldern und Vorschlägen für einen Take-off des Standortes hat die IV OÖ bereits Ende Mai präsentiert und den verantwortlichen Politikern vorgelegt.

Maßgeschneiderte Energiepolitik dringend notwendig

Echtes Bedrohungspotenzial für den Industriestandort Oberösterreich hat die Entwicklung der Energiekosten. „Wenn der Kostenfaktor Energie für einzelne Betriebe binnen eines Jahres um 70 Prozent steigt, wird er für die energieintensiven Leitbetriebe zur Überlebensfrage. Diese Teuerungen können durch Produktivitätssteigerungen nicht mehr wettgemacht werden. Die oberösterreichische Industriestruktur mit seinen ausgereizten, stark automatisierten und damit energieintensiven Hightech-Produktionen braucht dringend eine maßgeschneiderte Energiepolitik, die dies berücksichtigt und den Fokus auf Energiekosten und Versorgungssicherheit legt. Stattdessen übertrifft sich die Politik beim Aufschlagen immer weiter steigender Steuern und Abgaben auf den Strompreis“, so IV OÖ-Präsident Dipl.-Ing. Klaus Pöttinger. „Energiepolitik heißt immer stärker Wirtschaftspolitik und wird für die Industrie zunehmend standortentscheidend. Die Betrachtung aus reiner Umweltperspektive und ihre Aufsplittung sind der falsche Weg.“

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