Journalistenseminar Klima- und Energie

Energieeffizienz als Schlüssel in der Energie- und Klimapolitik – Die Emissionshandelsindustrie kann den Klimaschutz nicht alleine schaffen.

Das von der EU-Kommission im Jänner 2008 vorgestellte Klima- und Energiepaket ist zwar sehr ambitioniert, stellt aber eine große Belastung für die europäische Industrie dar, wie Wolfgang Welser, Obmann der Bundesparte Industrie, feststellt. Er verweist darauf, dass die Klimapolitik der EU nur in globaler Abstimmung nachhaltig erfolgreich sein könne.

Da es der österreichischen Industrie gelungen ist, ihr Wachstum vom Zuwachs bei Energievberauch und CO2-Ausstoß zu entkoppeln, ist es besonders bitter, dass das Klima- und Energiepaket der EU die Vorleistungen Österreichs nicht honoriert. Während realistische Umweltziele dem Standort Österreich und dem Weltklima nützen, so Wolfgang Welser, würden nicht erfüllbare Umweltauflagen zu einem Abwandern österreichischer Industrieproduktion in Länder mit gerigeren Standards führen.

Die EU unterteilt erstmals die Emissionskontingente für den Zeitraum bis 2020 in die Emissionen aus den EU-Emissionshandelsbetrieben und in den sogenannten NON-ETS Sektor, der die Summe aller anderen Treibhausgasemissionsquellen wie Verkehr, Raumwärme und Landwirtschaft zusammen fasst. Die Reduktionsziele für Österreich lassen sich daher nur unter Annahme von Zuteilungsszenarien im EU-ETS Sektor auf die österreichischen Betriebe abbilden.

„Betrachtet man den NON-ETS Sektor, so ist festzustellen, dass die Reduktionsvorgaben von 16% für Österreich als Beitrag Österreichs zum EU-Ziel akzeptiert werden können, wenn man den EU-Mitgliedstaaten zugesteht, dass sie sich auf einen gleich hohen Standard bis 2020 zumindest annähern, was insbesondere den neuen EU-Mitgliedstaaten einen Aufholprozess zugesteht“, so Universitätsprofessor Stefan Schleicher.

Im Rahmen des EU-Emissionshandels wird es zu einer zusätzlichen Kostenbelastung für die Industrie kommen. Auch wenn diese als Anreiz zur Steigerung der Energieeffizienz wirken kann, warnt Universitätsprofessor Mikulás Luptácik, Wissenschaftlicher Leiter des IWI, vor einer Unterschätzung dieser Kosten: „Bei entsprechendem Wirtschaftswachstum, das nicht durch eine Effizienzsteigerung begleitet wird, kann es zu signifikant höheren Zertifikatepreisen kommen. Gleichzeitig entstehen indirekte Kosten, da die vom Emissionshandel betroffenen Branchen ihre Kosten für Zertifikate an die Verbraucher von elektrischem Strom, Stahl, Baustoffen, Mineralölerzeugnissen und anderen Produkten zumindest teilweise weiter geben.“
Eine IWI-Studie hat ermittelt, dass diese indirekten Kosten höher ausfallen könnten als die direkten Zertifikatskosten.

Wenn der Preis zu stark ansteigt, sollte die EU, am Markt für Zertifikate, für mehr Flexibilität auf der Angebotsseite eintreten. Ein hierfür geeignetes Instrument wäre die Beimischung von „Certified Emission Reductions“ (CER). Dazu Mikulás Luptácik: „Man muss alle Instrumente nützen, um langfristig das Wirtschaftswachstum und den Klimaschutz als komplementäre Ziele der Wirtschaftspolitik zu sehen.“

Energieversorgung mit fossiler Energie zu einem annehmbaren Preis wird in den nächsten Jahren immer schwieriger. Universitätsprofessor Günther Brauner, Vorstand des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der TU Wien, rechnet vor: „Wenn der heutige mittlere jährliche Energiebedarf pro Person in Nordamerika auch für die Weltbevölkerung von etwa 10 Mrd. Menschen im Jahr 2050 gelten sollte, würden die fossilen Vorräte von Kohle, Öl und Gas nur etwa 30 Jahre reichen. Effizienz und Bedarfsminderung sind daher zukünftig die wichtigsten Entwicklungsziele der Energieversorgung.“

Bei der heutigen Energiebedarfsentwicklung ist die Steigerung der Energieeffizienz der Schlüssel für die Umsetzung von Klimaschutzzielen. Ein weiterer wichtiger Schritt ist eine zunehmende Substitution fossiler Energieträger durch regenerative Technologien wie Wind, Wasser, Solar und Biomasse.

Erreichbare Ziele und langfristig gesicherte Rahmenbedingungen vorausgesetzt, kann die Industrie dank ihrer Innovationskraft zur Verbesserung der Energieeffizienz bei allen Verbrauchergruppen beitragen. Dies im Inland, aber – dank der exzellenten Positionierung der österreichischen Industrie am Weltmarkt – auch im Ausland.

„Wir brauchen einen sinnvollen Klimaschutz auch auf Basis neuer Technologien und Innovationen, der gleichzeitig den Wirtschafts- und Industriestandort Österreich und damit heimische Arbeitsplätze sichert“, so Welsers abschließende Feststellung.

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