Lage der Automotiven Zulieferer verschlechtert sich

ARGE Automotive Zulieferindustrie: Branche rechnet 2009 mit Umsatzrückgängen um mindestens 30%

Ergebnisse Blitzumfrage: Wirtschaftliche Lage der Automotiven Zulieferer verschlechtert sich im 2. Quartal – Ende der Krise erst für 2011 erwartet

Wien, 28. Juli 2009. Binnen weniger Wochen riss Anfang 2009 die über 10 Jahre dauernde überdurchschnittliche Wachstumsphase der Automotiven Zulieferindustrie in Österreich ab. Eine aktuelle Blitzumfrage des Industriewissenschaftlichen Instituts (IWI) im Auftrag der ARGE Automotive Zulieferindustrie zeigt, dass die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise einen der erfolgreichsten heimischen Industriezweige noch stärker als ursprünglich befürchtet treffen. „Gegenüber Jänner 2009 müssen wir die Prognosen leider nach unten revidieren. Für die Umsatzentwicklung rechnen wir für das laufende Jahr mit einem Rückgang von mindestens -30%. Gegenüber dem 1. Quartal ist das eine Verschlechterung um 7 Prozentpunkte. Bei den Exporten erwarten wir ein Minus von 25% und mehr. Damit bricht einer der wichtigsten Impulsgeber für eine erfolgreiche Branchenentwicklung weg.“ beschreibt Dietmar Schäfer, Vorsitzender der ARGE Automotiven Zulieferindustrie, die Ergebnisse der Befragung von mehr als 100 Betrieben. Eine der Hauptursachen für die dramatische Entwicklung ist laut dem Vorsitzenden die unmittelbare Abhängigkeit von den europäischen Herstellerwerken in der just in time Zulieferkette, wodurch sich jede Nachfrageabschwächung am Automobilmarkt unmittelbar und sofort negativ auf die Zulieferindustrie auswirkt. Auch die Einschätzungen hinsichtlich der Dauer der Krise haben sich verdüstert. Mittlerweile rechnen 75% der befragten Unternehmen, dass es erst 2011 zu einer Entspannung der wirtschaftlichen Lage in den Betrieben kommen wird.

pessimistische Konjunkturerwartungen und mangelhafte Regelungen lassen Zahl der Neuanträge auf Kurzarbeit sinken

Die schwierige Situation spiegelt sich natürlich auch in der Beschäftigtensituation wider. „Bis Ende des Jahres müssen wir von einem Personalabbau von rund ein Viertel aller Mitarbeiter (16.000 Beschäftigungsverhältnisse) ausgehen. Dass der Rückgang in Anbetracht der tiefen Krise nicht noch stärker ausfällt, ist allein den großen Anstrengungen der Unternehmen zu verdanken, die derzeit alles daran setzen, ihre Mitarbeiter zu halten“, erklärt Schäfer. 56% der Unternehmen der Branche leisten derzeit Kurzarbeit bzw. planen dieses Instrument demnächst noch einzusetzen. „Allerdings stellen wir fest, dass die Nachfrage nach Kurzarbeit sinkt. Laut den zuständigen Fachverbänden der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI) sowie der MASCHINEN & METALLWAREN Industrie (FMMI) läuft die Kurzarbeit bei mehr als drei Viertel der Betriebe spätestens im Oktober aus. Die Zahl der Neuanträge nimmt seit Juni ab. Dies gibt zu Sorge Anlass: Wir befürchten, dass es spätestens ab Herbst verstärkt zu Kündigungen kommen wird. Die Kurzarbeit verschafft den Unternehmen nur kurzfristig Luft, als längerfristige Überbrückungsmaßnahme ist sie für 68% der befragten Betriebe zu teuer und legt der unternehmerischen Dispositionsfreiheit z.B. aufgrund der Behaltefristen enge Fesseln an.“

Unternehmen sehen Chance für Kapazitäts- und Strukturbereinigungen

Zusätzlich zur Kurzarbeit reagierten die Unternehmen in den vergangenen Monaten besonders auf unmittelbare betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten. „Vor allem sehr rasch umsetzbare Maßnahmen, die beim Stammpersonal Akzeptanz finden, wie der Abbau von Leihpersonal oder Überstunden- und Urlaubsabbau wurden durchgeführt“, erklärt Studienautor Herwig Schneider, Geschäftsführer des IWI. „Darüber hinaus zeigt der empirische Befund, dass die Betriebe die Krise für Kapazitäts- und Strukturbereinigungen gut nutzen, z.B. durch das rasche Anpassen an neue Markterfordernisse (Downsizing) als auch Investitionen in die Weiterbildung der Mitarbeiter.“ Schneider ist daher überzeugt, dass die österreichischen automotiven Zulieferer jetzt die richtigen Schritte setzen, um für die Zeit nach der Krise gut gerüstet zu sein.

Arbeitszeitflexibilisierung als wirksames Kriseninstrument

Einig sind sich Schäfer und Schneider daher bei der Forderung nach flexibleren Rahmenbedingungen für die Unternehmen: „Bei wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die die Arbeitsorganisation betreffen und eine sozialpartnerschaftliche Zusammenarbeit erfordern, gibt es ein großes bis dato ungenutztes Potential. Individuelle Arbeitszeitreduktionen oder eine verstärkte Arbeitszeitflexibilisierung durch ausreichend gestaltbare, d.h. an den konjunkturellen Zyklus anpassbare Durchrechnungszeiträume und die Einführung von Arbeitszeitkonten unterstützen die Unternehmen bei ihren Effizienz- und Produktionssteigerungen.“ Daher werden solche Maßnahmen als Kriseninstrument weit wichtiger eingestuft als Kurzarbeit.

Forschungsförderung und Qualifikation zur Know-how-Sicherung 45% der an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen stufen sich selbst als krisenexponierte Unternehmen sein. Für sie hat die schlechte Konjunktur bereits jetzt Existenz bedrohende Auswirkungen angenommen. Die ARGE Automotive fordert daher auch langfristige Maßnahmen wie z.B. eine Erhöhung der Forschungsförderungsdotierung. Gerade in Zeiten schwacher Konjunktur gilt es die Innovationskraft der Unter¬nehmen zu unterstützen. „Unternehmen an einem Hochlohnstandort punkten im weltweiten Wettbewerb nur mit ihrer Technologieführerschaft. Wir müssen unseren Betrieben daher attraktive Standortbedingungen bieten, die es ihnen ermöglichen ihre Stärken auch in der Zukunft umzusetzen. Nur so wird es gelingen, den Automotiven Sektor in Österreich vor Auslagerungen zu schützen und eine innovative Weiterentwicklung der Branche zu unterstützen“, sagt Schäfer abschließend.

Die Automotive Zulieferindustrie: Motor der österreichischen Volkswirtschaft Die automotive Zulieferindustrie war im vergangen Jahrzehnt einer der erfolgreichsten Industriesektoren Österreichs. Von 1995 bis 2006 stieg der Produktionswert des Sektors mit 160% doppelt so rasch wie in der gesamten Sachgütererzeugung bzw. im Dienstleistungsbereich. Auch der Anstieg der Wertschöpfung im selben Zeitraum um 90% auf 4,01 Mrd. Euro unterstreicht die Dynamik der Zulieferer. Die Branche ist zudem Schlüsselindustrie für zahlreiche andere Wirtschaftsbereiche und bewirkt gesamtwirtschaftlich betrachtet in Österreich einen Produktionswert von bis zu 26,72 Mrd. Euro (5,64% des Produktionswertes Österreichs 2006). Darüber hinaus hängen bis zu 176.000 Arbeitsplätze (4,16% der österreichischen Beschäftigungsverhältnisse 2006) direkt und indirekt von den Unternehmen der Automotiven Zulieferindustrie ab.

Über die ARGE Automotive Die ARGE Automotive Zulieferindustrie ist die Interessenvertretung bzw. Dienstleistungs- und Serviceorganisation für die rund 800 in der WKO vertretenen Unternehmen aus dem automotiven Wertschöpfungsbereich und vereinigt somit alle wesentlichen Player dieses Sektors unter ihrem Dach. Oberstes Ziel ist, eine verbesserte öffentliche Wahrnehmung der Autozulieferbetriebe zu schaffen, um die industriepolitischen Rahmenbedingungen zu optimieren.

Rückfragehinweis ARGE Automotive Zulieferindustrie Mag. (FH) Kathrin Mück-Puelacher T: 0664/619 25 08 E: mueck@feei.at

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