Unternehmensfinanzierung im Schatten der Subprime-Krise

Die Immobilien-, Hypotheken- bzw. Subprime-Krise trägt ihren Namen längst zu Unrecht: Sie hat in den Monaten seit ihrem Ausbruch ihren zunächst engen Bereich verlassen und den Anstoß zu einer Neubewertung von Risiken in allen Bereichen gegeben. Und sie hat Unsicherheit in den Markt gebracht.

Dieser Prozess ist an der Unternehmensfinanzierung nicht spurlos vorübergegangen: Seit Mitte des vergangenen Jahres löste die Subprime-Krise wiederholt markante Kursrückgänge an den internationalen Börsen aus. Das geht mit einer geringeren Aufnahmebereitschaft der Märkte für Aktienemissionen einher. Gleichzeitig führt die strengere Risikobeurteilung der Unternehmen, aber auch die Notwendigkeit auf Seiten der Banken, ihre Eigenmittel wieder aufzufüllen, zu einer Verteuerung der Kredite. Volksbank AG- und Investkredit-Vorstandsmitglied Mag. Wolfgang Perdich meint, dass die Banken drohende Verluste dadurch, zumindest teilweise, abfedern, indem sie nicht mehr so freigiebig Geld an ihre Kundenunternehmen vergeben und ihre Zinsen und Gebühren anheben. Dies wird sich insbesondere auf Unternehmen auswirken, die großvolumige Projekt-, Immobilien- und Übernahmefinanzierungen brauchen, sowie auf Venture Capital- und Private Equity-Unternehmen, die stark auf Bankenkredite angewiesen sind. „Banken werden verstärkt versuchen, sich von jenen Kunden zu trennen, die die relativ schlechteste Bonität aufweisen“, skizziert Wolfgang Perdich eine weitere Auswirkung am Finanzierungsmarkt.

Dr. Hannes Enthofer, Gründer und geschäftsführende Teilhaber von Finance Trainer, leitet aus der Entwicklung der von Banken am Geldmarkt zu zahlenden Liquiditätsprämien und der Credit Spreads – das sind die Unterschiede in den Kreditkonditionen von Schuldnern unterschiedlicher Bonität – folgendes ab: Allein die gestiegenen Refinanzierungskosten der Banken am Geldmarkt können zu einem Anstieg der Kosten für Kreditfinanzierungen von bis zu einem Prozentpunkt führen. Gleichzeitig signalisieren steigende Credit Spreads eine höhere Ausfallswahrscheinlichkeit; offenbar rechnen die Marktteilnehmer mit wirtschaftlich schwierigeren Zeiten. Sofern Unternehmen ihr Fremdkapital nicht zu langfristig fixen Zinssätzen oder langfristig mit fixen Euribor-Aufschlägen aufgenommen haben, müssen sie daher mit steigenden Finanzierungskosten rechnen.

Nach Einschätzung von Dr. Hans-Georg Kantner, Bereichsleiter Insolvenz beim KSV, bleibt die Auswirkung der Subprime-Krise auf die mittelbetriebliche österreichische Wirtschaft begrenzt. Aber die Unsicherheit im Markt, welches Finanzinstitut durch welche Veranlagungsinstrumente wie viel Geld verloren hat, ist nicht zu leugnen: „Ich weiß es nicht, der österreichische Mittelständler weiß es nicht, seine Hausbank weiß es vielleicht auch nicht. Und genau darin liegt die Verunsicherung des Marktes. Und Unsicherheit kostet immer Geld; also werden die Kreditzinsen steigen.“

In der schwierigen Marktsituation seit Ausbruch der Subprime-Krise konnte zwar mit der STRABAG der größte Börsengang in der Geschichte der Wiener Börse höchst erfolgreich abgewickelt werden, gleichzeitig mussten aber auch mehrere IPOs kurzfristig abgesagt werden. „All jene Unternehmen, die sich von den grundsätzlichen Vorteilen eines Börsengangs überzeugt haben, werden an die Börse kommen – jetzt oder etwas verzögert“, ist Dr. Michael Buhl, Mitglied des Vorstandes der Wiener Börse, trotz der aktuellen Absagen überzeugt: „Für ein wachstumsorientiertes Unternehmen am Standort Österreich führt kein sinnvoller Weg an der Wiener Börse vorbei.“
Trotz des schwierigen Umfelds lag 2007 das Volumen der Aktienemissionen an der Wiener Börse mit mehr als EUR 10 Mrd. nahe dem Rekordniveau.

„Die Auswirkungen der Subprime-Krise auf Venture Capital und Private Equity sind aus heutiger Sicht nicht so dramatisch wie befürchtet“, stellt Dr. Jürgen Marchart, Geschäftsführer der Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation (AVCO), fest. Allerdings gibt er zu bedenken: „Das Fundraising für neu aufgesetzte Fonds könne sich aufgrund der erhöhten Vorsicht der Investoren etwas beschwerlicher gestalten.“

Im Jahr 2006 konnte (in Einklang mit gesamteuropäischen Trends) bei den getätigten Investitionen der zweithöchste Wert der Geschichte und beim Fundraising sogar ein all time high verbucht werden. Wie sich die neue Einschätzung der Risiken und eine dadurch ausgelöste Zurückhaltung der Investoren auf den langfristigen Trend im PE/VC Geschäft bemerkbar machen wird, kann seriöser Weise noch nicht endgültig beurteilt werden.

In der aktuellen Ausgabe des „industrie aktuell“ beschäftigt sich das „Industrieforum“ mit der „Unternehmensfinanzierung im Schatten der Subprime-Krise “.
Diskussionsbeiträge zu diesem Thema haben Frequentis-Finanzvorstand Sylvia Bardach, Börse-Vorstandsmitglied Dr. Michael Buhl, Finance Trainer-Partner Dr. Hannes Enthofer, KSV-Bereichsleiter Dr. Hans-Georg Kantner, AVCO-Geschäftsführer Dr. Jürgen Marchart sowie Volksbank AG- und Investkredit Bank AG-Vorstandsmitglied Mag. Wolfgang Perdich verfasst. Im Leitartikel fasst Dipl.-Vw. Uta Pock, Chefvolkswirtin der Volksbank Gruppe, die US-Hypothekenkrise und deren Auswirkung zusammen.

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